Datum: 
23.02.2016

Übermäßige Lobpreisung des Propheten? Das Verstehen der Bedeutung des Lobes

Beantwortet von Sidi Abdullah Anik Misra

FRAGE: Meine Frage bezieht sich auf den Unterschied zwischen Lobpreisung und Anbetung. Ich weiß, dass nichts Falsches darin ist den Liebling Allāhs (Friede und Segen seien mit ihm) zu lobpreisen, da dieses Lob Anbetung nicht miteinbezieht. Meine Frage besteht nun darin, wie das mit „Alhamdulillah“ zu verstehen ist? Gibt es eine implizierte Annahme, dass wenn wir „Alles Lob gebührt Allāh“ sagen, wir Lobpreisung meinen, die angemessen unserer Anbetung von Ihm ist? Das sind nur meine eigenen Gedanken und ich mache mir Sorgen an Meinungen zu solchen Themen festzuhalten, welche von der Ahl al-Sunna abweichen. Ich wäre für eine Klarstellung zu diesem Thema sehr dankbar.
 

ANTWORT: Wa alaikumus-salaam wa rahmatullahi wa baraktuhu.

Alhamdulillah, danke für Deine Frage. Heutzutage verwechseln viele Menschen was mit der Lobpreisung Allāhs, den Höchst Erhabenen, und der Lobpreisung des Propheten (Friede und Segen seien mit ihm) und der Bedeutung von Anbetung gemeint wird.

Das Fazit ist, dass es keinen Widerspruch zwischen den beiden Arten der Lobpreisung gibt, solange das, was gesagt und geglaubt wird, wahr und fehlerfrei ist, genauso wie die beiden Teile des Glaubensbekenntnisses keine „Vereinbarkeit“ benötigen, da eindeutig eine Trennung zwischen dem Schöpfer und dem Besten Seiner Schöpfung (Friede sei mit ihm) besteht.

Lobpreisung ist eine allgemeine Kategorie, und besteht einerseits aus dem Lob Allāhs von Sich Selbst, Seinen Propheten oder den Rechtschaffenen – und dies ist ewige Rede – und andererseits Lobpreisung der Schöpfung in Anbetung zu Allāh, dem Höchst Erhabenen, und des Lobens zwischen Menschen oder anderen geschaffenen Dingen. Nebenbei ist zu bemerken, dass es in Hinblick auf das Lob der Geschöpfe auch falsches und unrichtiges Lob gibt, wie z. B. Lügen oder die Lobpreisungen eines Idols.

Es ist offensichtlich, dass Allāh all die gute Lobpreisung verdient, die auf Ihn als den Herrn gerichtet ist. Für alles Lobenswerte in der Schöpfung, das wir lobpreisen, geht die Lobpreisung letzten Endes auf Allāh, den Höchst Erhabenen, zurück, da Er die Dinge mit ihren lobenswerten Eigenschaften erschaffen hat. Deshalb verdient nur Er rechtmäßig und kein anderer all die wahre Lobpreisung, ob sie nun direkt an Ihn gerichtet ist oder nicht.

Ein tieferer Blick auf die Bedeutung der „Lobpreisung“

Bevor man weiter ins Detail geht, ist es immer am besten die Begriffe zu definieren und sie in ihrer Originalsprache zu betrachten. Das Merriam-Webster Wörterbuch sagt uns, dass im Englischen das Wort „Lob“ entweder günstiges Urteil bedeutet (gleichbedeutend loben oder beglückwünschen) oder, wenn es speziell für Gott oder Rechtgeleitete verwendet wird, jemanden zu verherrlichen, besonders mit den Eigenschaften von Vollkommenheit (gleichbedeutend mit erheben oder vergrößern). Daher bedeutet nicht jedes Lob Anbetung. (Anm. des Übers.: Originaltext kommt aus dem englischsprachigen Raum, daher der Bezug zum englischen Wörterbuch. Was die deutsche Begriffserklärung angeht, so steht im Duden folgendes zum Begriff „Lob“: anerkennend geäußerte, positive Beurteilung, die jemand einem anderen, seinem Tun, Verhalten o. Ä. zuteilwerden lässt. Beispiele: jemandem Lob spenden, zollen; Gott sei Lob und Dank! (Gott sei gelobt, und ihm [!] sei gedankt!)1.)

„Lob“ kann beim Übersetzen ein vager Begriff sein, für gewöhnlich werden drei arabische Wörter damit bezeichnet: al-hamd, al-madh, und al-thanaa’.

Von diesen ist al-thanaa’ am allgemeinsten und am anwendbarsten und bedeutet: „eine Handlung, welche ein Gefühl des Lobens oder Hinweisens auf die guten Punkte des gelobten Gegenstands gibt.“ (vgl. al-Jurjani, al-Ta`rifat)

Rein sprachlich bedeutet al-Hamd: „Das mit Sprache zum Ausdruck gebrachte Loben von jemandem für Seine schönen Charakterzüge oder für Taten, die er auszuüben beschließt, um ihn zu preisen, egal ob er einen Gefallen für die Person, die das Lob ausspricht, getan hat oder nicht.“ Al-Hamd kann zum Beispiel von Allāh, dem Höchst Erhabenen, über Sich Selbst oder Seine Propheten sein, in welchem Fall es ewige Rede ist, oder es kann auch geschaffene Rede sein, wie zum Beispiel unsere Lobpreisung Allāhs oder die unserer Mitmenschen.

Al-Hamd übernimmt jedoch eine einzigartige Bedeutung und Verwendung, wenn dies auf Allāh gerichtet wird, und zwar: „Jede Tat der Verherrlichung des Gebers von reichlichen Gaben, weil Er der Geber von reichlichen Gaben ist, unabhängig davon, ob Er denjenigen der Ihn preist, gesegnet hat oder einen anderen, der Ihn lobt. Unabhängig davon, ob diese Tat ein wörtlicher Ausdruck, ein gläubiger Gedanke in jemandes Herzen oder eine Handlung von jemandes Gliedern ist.“ In diesem spezifischen Gebrauch passt es zur Definition „zu danken“ und „Dankbarkeit gegenüber Allāh zu zeigen“ (al-shukr) (vgl. al-Bayjuri, Sharh Jawhara al-Tawhid).

Al-Madh ist auch ein Wort der Lobpreisung und wird manchmal als Synonym zu al-hamd oder allgemeiner als dieser verwendet. Allerdings können die beiden Wörter unterschieden werden, in dem al-madh für das Loben von Eigenschaften, die eine Person nicht durch eigene Wahl auswählen kann (wie z. B. schöne physische Eigenschaften zu haben), während al-hamd für beabsichtigte, lobenswerte Handlungen oder die daraus erlangten lobenswerten Charakterzüge (wie z. B. der Akt der Nächstenliebe und darüber hinaus, ein großzügiges Herz zu haben) verwendet wird.

Al-Razi erwähnt in seinem Tafsir al-Kabir andere Unterschiede und zwar, dass al-hamd spezifischer als al-madh ist und speziell für Menschen verwendet wird, welche eine Handlung der Vorzüglichkeit durch ihre bewusste Entscheidung durchführen, während al-madh auch diejenigen, die nicht leben sowie leblose Dinge umfasst, oder wenn man eine Person außerhalb des Zeitrahmens ihres vorzüglichen Handelns lobt.

Allāh, den Höchst Erhabenen, und Seinen Propheten (Frieden sei mit ihm) lobpreisen

Die Art und Bedeutung unserer Lobpreisung Allāhs, dem Höchst Erhabenen, ist anders als die Lobpreisung des Propheten (Friede sei mit ihm), weil wir jeden mit der passenden und angebrachten Lobpreisung zur jeweiligen Kategorie und Position loben. Sogar wenn man sagt „Allāh ist großzügig“ hat das eine völlig andere Wirklichkeit und Bedeutung als wenn wir sagen „der Prophet (Friede sei mit ihm) ist großzügig“.

In Anlehnung an die oben genannten Definitionen, verwenden wir für Allāh, den Höchst Erhabenen, al-hamd, weil Allāh Ta’ala gegenwärtig, lebendig ist und immer Seine Gnade an uns vollendet und Er nach eigener Entscheidung handelt. Deswegen ist es passender al-hamd anstelle von al-madh zu sagen, weil niemand Allāh Ta’ala mit irgendwelchen Qualitäten ausgestattet hat (vgl. al-Razi, Tafsir al-Kabir).

Was meinen wir, wenn wir „Al-Hamdu li-llah“ sagen? Es ist Allāh, der Seinen Qur´ān mit diesem vor-ewigen Ausdruck des Lobpreisens für Sich selbst eröffnet hat. Für gewöhnlich wird es als „alles Lob gebührt Allāh“ übersetzt, aber dazu kann mehr als das gesagt werden.

Das Präfix „al-“ macht das Wort „hamd“ bestimmt und nicht allgemein (d.h. nicht „ein Lob“ sondern „das Lob“) und kann entweder bedeuten:

(a) Die Essenz der breiteren Kategorie des gesamten Lobes, welches existiert (al-jinsiyya) oder

(b) dass jedes einzelne wahre und verdiente Lob, welches jedes Wesen hat und ihm jemals gegeben wird, eigentlich zugunsten des Einen ist, Welcher für die Erschaffung dieser lobenswerten Taten oder Qualitäten verantwortlich ist (al-istighraqiyya) oder

(c) dass das absolutierende Partikel verwendet wird, um „dieses Lob“ zusammenzufassen, mit welchem Allāh, der Höchst Erhabene, Sich Selbst innerhalb der Vor-Ewigkeit lobte, als eine Barmherzigkeit für die Menschheit, da die Menschen wegen ihrer begrenzten und unvollkommenen Art nicht im Stande sind, das wahre Lob Allāhs zu umfassen und zu erwähnen. So hat Allāh uns einen Begriff gelehrt, der uns genügen würde.

Das possessive Präfix „li-“ vor Allāhs Namen zeigt uns entweder:
(a) den alleinigen Verdienst dieser Lobpreisung (al-istihqaq) oder
(b) um zu klären, für wen das gilt, abgesehen von jedem anderen Wesen (al-ikhtisas) oder

(c) um den totalen Besitz der Lobpreisung anzuzeigen (al-milk). So kann „Alhamdulillah“ Folgendes bedeuten (Ausnahmen beiseite): „Alle in der Vor-Ewigkeit erwähnten Lobpreisungen sind auf Allāh gerichtet/für Ihn angemessen/bestimmt und schließlich Ihm allein gehörend.“ (vgl. al-Bayjuri, Jawhara al-Tawhid)

Um den Propheten (Friede sei mit ihm) zu lobpreisen, wird vielleicht in erster Linie al-madh verwendet anstatt al-hamd, da er im normativen Sinn nicht in der jetzigen Welt mit uns ist und vielleicht, weil wir auf sein bereits stattgefundenes Leben (Friede und Segen seien mit ihm) zurückblicken und ihm jede gute Eigenschaft und Tat in seiner menschlichen Vollkommenheit von Gott geschenkt wurde und Teil seiner gesegneten Natur war.

Lobpreisung und ihre Beziehung zur Anbetung

Anbetung (al-ibadah) wird von Sayyid al-Jurjani als „die Handlungen einer moralisch verantwortlichen Person, die gegen ihre Launen und Inkonsequenz aus Lobpreisung für ihren Herrn handelt“ definiert. Das Lobpreisen der Segnungen von Allāh ist auch ein Weg wie man Ihn lobpreist.

Lob wird nur zu einem verdienstvollen Gottesdienst oder andererseits zu etwas Verurteiltem, wenn seine Bestandteile etwas enthalten was darauf hindeutet. Um jegliche Lobpreisung zu beurteilen, muss man den Status und die Richtigkeit von fünf Dingen betrachten:

(a) wer lobpreist (al-hamid)
(b) wer wird gepriesen (al-mahmud)
(c) wodurch wird gepriesen (al-mahmud bihi)
(d) aus welchem Grund, welcher Wohltat heraus oder welcher Motivation wird gepriesen (al-mahmud ´alayhi) und
(e) wie ist die Form und Formulierung (ṣiġat al-ḥamd)?
Hier sowie in anderen Taten ist die Absicht natürlich der oberste bestimmende Faktor.

Somit ist das Lobpreisen des Propheten (Friede und Segen seien mit ihm) mit Lob welches er verdient, egal wie häufig, überhaupt keine Art der Anbetung, sondern eine empfohlene Tat. Was die Muslime immer getan haben, ist madh des Propheten (Friede und Segen seien mit ihm) für seine von Gott geschenkten Eigenschaften, aus Liebe zu ihm und als Gehorsam gegenüber dem Schöpfer. Dies ist eine Form der Anbetung des Einen, Welcher beschlossen hat ihn zu erschaffen, ihn uns zu senden und so preisen wir durch madh den Propheten (Friede sei mit ihm) eigentlich Allāh durch hamd, beziehungsweise sind wir dankbar (shukr).

Gibt es übertriebene Lobpreisung?

Diejenigen, die behaupten, dass der Prophet (Friede sei mit ihm) maßlose Lobpreisung seiner Selbst verboten hat, zitieren die Überlieferung in welcher der Prophet (Friede sei mit ihm) sagte: „Seid nicht maßlos in meiner Lobpreisung wie die Christen bei der Preisung vom Sohn Maryams (=Isa oder Jesus, Friede sei mit ihm), denn ich bin nur Sein Diener, also sagt: 'Der Diener Allāhs und Sein Gesandter'.“ (Al-Bukhari, Sahih)

Das Wort, welches hier für schlechte Lobpreisung benutzt wird, ist nicht eines der drei vorher genannten Arten, sondern spezifiziert als al-itraa, was Ibn Hajar in seinem Kommentar zu dieser Überlieferung, als „Lobpreisung, welche Falschheit und Lügen nutzt“ und „falsche Verherrlichung“ definiert. Der Grund ist, dass die Menschen, welche behaupten Isa (Friede sei mit ihm) zu folgen, ihn auf die Stufe der Göttlichkeit erhoben haben (entweder als „der Sohn“ oder als Gott selbst) und der Prophet (Friede sei mit ihm) nicht wollte, dass seine Gemeinschaft den gleichen Fehler begeht. Das Verbot beschränkte sich auf diese Sache (und als logische Folge, auf jegliche falschen und polytheistischen Behauptungen).

Was hingegen die wahre und gesunde Lobpreisung betrifft, herrscht eine eindeutige Erlaubnis ohne jegliche Einschränkung, weil nichts darüber erwähnt wurde oder Grenzen gesetzt wurden - weder für die Anzahl noch die Qualität der Lobpreisung.

Einige haben nach wie vor ein Problem damit, als ob sie unterstellen möchten, dass konstante Lobpreisung des Propheten (Friede sei mit ihm) auf irgendeine Weise langsam zu Polytheismus (shirk) führen würde und die Aufmerksamkeit von der Anbetung Allāhs, des Höchst Erhabenen, ablenkt. Das ist fehlerhafte Argumentation, um es gelinde auszudrücken.

Wie kann es so etwas geben wie ein „zu viel“ oder „zu oft“ an Lobpreisung, wenn doch der Herr der Welten vor-ewig bestimmt hat, aus all den möglichen Namen in Seinem unendlichen Wissen, Seinem Liebling den Namen „Muhammad“ (abgeleitet aus Ha-m-d) gab, welcher nicht nur „der Gelobte“ (Mahmud) sondern verstärkt „der endlos immer und immer wieder Gelobte“ bedeutet“? (vgl. al-Zurqani, Sharh al-Muwatta).

Wir bitten Allāh Ta’ala Seinen geliebten Gesandten, seine Familie und Gefährten mit Seinem Frieden und Segen zu überschütten, wa al-HamduliLlahi Rabbi l-‘alameen.

 

Abdullah Anik Misra
 

Antwort geprüft und genehmigt von Shaykh Faraz Rabbani

 

Originalquelle: http://seekershub.org/ans-blog/2010/03/16/excessive-praise-of-the-prophe...