Datum: 
31.03.2015

Welche Personen sind mahram?

Beantwortet von Mufti Muhammed Ibn Adam

FRAGE: Welche Personen sind mahram?

ANTWORT: Als ein generelles Prinzip ist es wichtig, daran zu erinnern, dass all diejenigen Personen mahram sind, mit denen die Ehe dauerhaft rechtswidrig ist. Aus diesem Grund wird „mahram“ übersetzt als „in einem die Ehe ausschließenden verwandtschaftlichen Verhältnis stehend“ [deutsche Definition nach Hans Wehr, angefügt vom Übersetzer].

Dieses dauerhafte Verbot der Ehe kommt auf drei Weisen zustande: Durch Blutsverwandtschaft (Qarabah), durch Milchverwandtschaft (Rada‘ah) und durch Schwägerschaft (Sihriyyah).

In der berühmten Abhandlung über hanafitisches Recht al-Hidayah heißt es:

„Ein Mahram (für eine Frau) ist derjenige, zwischen dem und ihr eine Ehe dauerhaft rechtswidrig ist, sei es aufgrund ihrer Abstammung/ Blutsverwandtschaft (Nasab) oder aus anderen Gründen wie Milchverwandtschaft (Rada‘ah) oder Schwägerschaft (Musaharah).“ (al-Hidayah, Kitab al-Karahiyyah, 4/461-462)

Imam al-Kasani (möge Allah sich seiner erbarmen) sagte:

„Ein Mahram ist derjenige, mit dem die Ehe rechtswidrig ist, entweder durch Blutsverwandtschaft, Milchverwandtschaft oder durch Verschwägerung.“ (Bada'i‘ al-Sana'i‘, 2/124)

Dementsprechend ist die dauerhafte Rechtwidrigkeit der Ehe durch die oben genannten drei Arten der Verwandtschaft bestimmt, und ein Mahram ist der, mit dem die Ehe dauerhaft rechtswidrig ist. In anderen Worten: Man wird ein Mahram durch diese drei Arten der Verwandtschaft.

Wir wollen nun diese drei Arten der Verwandtschaft genauer betrachten.
 

1) Verwandtschaft durch Familie/ Abstammung (Qarabah)

Es ist einem Mann dauerhaft verboten, die folgenden Personengruppen zu heiraten (somit wird er für sie zum Mahram):

  1. Mutter, Großmutter und weiter aufwärts
  2. Großmutter väterlicherseits und weiter aufwärts
  3. Tochter, Enkeltochter und weiter abwärts
  4. alle Arten von Schwestern (ob voll oder halb)
  5. Tanten mütterlicher- und väterlicherseits
  6. Nichten (Töchter des Bruders oder der Schwester)

Allah, der Erhabene, sagt:

„Verboten sind euch (zur Heirat) eure Mütter, eure Töchter, eure Schwestern, eure Tanten väterlicherseits, eure Tanten mütterlicherseits, die Töchter des Bruders, die Töchter der Schwester […]“ (Surah an-Nisa, 4:23)

Dementsprechend ist die Ehe mit anderen als den oben genannten Verwandtschaftsgraden erlaubt, und sie werden folglich auch nicht als Mahram betrachtet; beispielsweise Cousins, Cousinen, Ehemann der Tante mütterlicherseits usw.
 

2) Milchverwandtschaft (Rada‘ah)

Wer ein Mahram durch Blutsverwandtschaft/ Abstammung ist, wird auch als Mahram durch Milchverwandtschaft  betrachtet.

Weiterhin sagt Allah, der Erhabene, im bereits erwähnten Vers:

„[…] und [verboten zur Heirat sind euch] eure Milchmütter, die euch gestillt haben, und eure Milchschwestern […]“ (Surah an-Nisa, 4:23)

Sayyiduna ‘Abd Allah Ibn ‘Abbas (möge Allah mit ihm zufrieden sein) berichtet, dass der Gesandte Allahs (Allah segne ihn und schenke ihm Heil) über Hamzas Tochter sagte: „Mir ist rechtlich nicht erlaubt, sie zu heiraten, denn Milchverwandtschaft wird (im Eherecht) wie Blutsverwandtschaft betrachtet. Sie ist die Tochter meines Milchbruders.“ (Bukhari, Nr. 2502)

Folglich sind die Beziehungen, die durch Blut und Abstammung unrechtmäßig sind, auch durch Milchverwandtschaft verboten. Daher wird ein Pflegevater (Ehemann der Milchmutter), Milchbruder, Milchonkel, Milchneffe usw. als Mahram einer Frau betrachtet und man wird zum Mahram für eine Milchmutter, Milchschwester und Milchnichte usw.

Allerdings sollte man sich daran erinnern, dass dies nur eintrifft, wenn das Stillen im vorgesehenen Zeitraum stattfand, welche nach Imam Abu Ḥanifa zweieinhalb Jahre und nach Abu Yusuf und Imam Muhammed zwei Jahre beträgt.

Sayyida ‘A'isha (möge Allah mit ihr zufrieden sein) berichtet: „Einmal betrat der Gesandte Allahs (Allah segne ihn und schenke ihm Heil) mein Haus, während ein Mann mit mir war. Er sagte: „Oh ‘A'sha, wer ist das?“ Ich erwiderte: „Mein Milchbruder.“ Er sagte: „Oh ‘A'isha, sei vorsichtig im Bestimmen deines Milchbruders, denn das Stillen ist nur zulässig, wenn es in der Stillzeit vollzogen wird.“ (Bukhari, Nr. 2504 und Muslim, Nr. 1455)

Man sollte vorsichtig dabei sein, zu bestimmen, wer ein Mahram durch Milchverwandtschaft ist, denn die Bestimmung kann unter Umständen komplex und kompliziert sein. Oft muss man einen Gelehrten zu Rate ziehen, bevor ein Urteil getroffen werden kann.
 

3) Verwandtschaft durch Verschwägerung (Sihriyyah oder Musaharah)

Die dritte Verwandtschaft, durch die eine Ehe dauerhaft rechtswidrig wird und das Verhältnis als Mahram (Mahramiyyah) entsteht, ist die Verschwägerung.

Es gibt vier Kategorien von Personen, mit denen die Ehe aufgrund von Verschwägerung rechtswidrig wird:

a) Die Mutter der Ehefrau (Schwiegermutter), ihre Großmutter und weiter aufwärts. Die Ehe wird  rechtswidrig durch den Eheschluss mit der Tochter, egal ob die Ehe konsumiert wurde oder nicht.

b) Die Tochter oder Enkelin der Ehefrau (aus einer früheren Ehe) und weiter abwärts. Die Ehe mit ihnen wird dauerhaft rechtswidrig, wenn die Ehe mit der Mutter konsumiert wurde.

Allah, der Erhabene, erwähnt beide dieser Situationen im zuvor zitierten Vers:

„[…] und [verboten zur Heirate sind euch] die Mütter eurer Frauen und eure Stieftöchter, die in eurem Schutze sind, von euren Frauen, mit denen ihr (die eheliche Beziehung) vollzogen habt. Habt ihr dies jedoch noch nicht mit ihnen vollzogen, so ist es keine Sünde.“ (Surah an-Nisa, 4:23)

Darin mit inbegriffen ist die Tochter des Sohnes der Frau (des Stiefsohns), denn sie wird ebenso als Stieftochter (Rabibah) betrachtet.

c) Die Frau des eigenen Sohnes, des Enkels und weiter abwärts, egal ob der Sohn die Ehe konsumiert hat oder nicht.

Allah, der Erhabene, sagt im selben Vers:

„[…] Ferner [sind euch zur Heirat verboten] die Ehefrauen eurer Söhne aus eurer Abstammung.“ (Surah an-Nisa, 4:23)

Der Vers bezieht sich speziell auf die leiblichen Söhne, weshalb die Ehe mit der Ehefrau des Stiefsohns erlaubt ist, wenn dieser sich von ihr scheiden lässt.

d) Die Stiefmutter, Stiefgroßmutter und weiter aufwärts. Das bedeutet, diejenigen Frauen, die mit dem eigenen Vater oder dem Großvater mütterlicher- oder väterlicherseits verheiratet waren.

Allah, der Erhabene, sagt:

„Und heiratet keine Frauen, die eure Väter geheiratet hatten, es sei denn, es geschah bereits zuvor. Wahrlich, es ist eine Schande und ein Abscheu und ein übler Weg.“ (Surah an-Nisa, 4:23).

Zusammengefasst ist ein Mahram jemand, mit dem die Ehe dauerhaft rechtswidrig ist, und dieses dauerhafte Verbot wird auf drei Weisen bestimmt: Durch die Blutsverwandtschaft, die Milchverwandtschaft und die Verschwägerung.

Im Lichte der oben stehenden Erklärung sollte deine Frage beantwortet sein. Dennoch sei gesagt: Wenn deine Mutter ihren Neffen gestillt hat, als er noch ein Säugling war (das heißt, in den ersten zwei oder zweieinhalb Jahren der Kindheit), dann treten die Regeln der Milchverwandtschaft ein (Rada‘ah), sodass du und deine anderen Schwestern die Verhüllungsgebote (Hijab) vor ihm nicht einhalten müsst, wenn er die Pubertät erreicht hat. Ebenso ist die Ehe zwischen dir und ihm oder einer deiner Schwestern und ihm nicht erlaubt. Er wird als Mahram für deine Mutter, für dich und all deine Schwestern betrachtet.

Die Regelung wäre ebenso, wenn du ihn gestillt hättest, als er noch jung war (ich weiß nicht, ob du verheiratet bist, deshalb erwähne ich es nur wegen der Möglichkeit, da du sagtest, du hast auf ihn aufgepasst, seit er ein Säugling war). Er wird dann als dein Milchsohn betrachtet, weshalb weder du noch deine Schwestern noch deine Mutter die Verhüllungsgebote (Hijab) vor ihm einhalten müssen, wenn er die Pubertät erreicht.

Wenn allerdings kein Stillen stattfand (weder seitens deiner Mutter oder dir selbst), dann hebt das bloße Adoptieren die Regelung der Verhüllung (Hijab) nicht auf. Wenn die Adoptivmutter das Adoptivkind nicht stillt, dann kommt keine Milchverwandtschaft zustande, und das Kind wird als fremdes Kind hinsichtlich der Ehe (Nikah) und der Verhüllung (Hijab) eingeordnet. Ein Adoptivkind kann die Adoptiveltern und ihre Kinder heiraten. Wenn ein männliches Kind von einer Frau adoptiert wird, muss sie der Verhüllung (Hijab) gegenüber dem Kind nachkommen, nachdem es die Pubertät erreicht hat und umgekehrt. Das Adoptivkind muss ebenso der Verhüllung (Hijab) vor den Adoptiveltern nachkommen (nachdem es die Pubertät erreicht hat).

Und Allah weiß es am besten.

Muhammad Ibn Adam

Darul Iftaa

Leicester, UK

 

Originalquelle: http://seekersguidance.org/ans-blog/2009/05/30/who-is-mahram/

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