Datum: 
07.10.2017

Wie kann ich meinen Glauben an das Unsichtbare stärken?

Beantwortet von šayḫ Faraz A. Khan

Frage: Ich bin ein neuer Muslim, der in einem sehr säkularen Umfeld aufgewachsen ist. Ich ringe mit manchen Aspekten des „al-ġayb“: das Unsichtbare, das Unerkennbare, die versteckte Realität.

Ich bin mir bewusst, dass Allāh im Qur´ān beschreibt, dass einige Beduinen keinen Imān verinnerlichten, sondern nur den Islām. (vgl. Qur´ān 49:14.) Und ich weiß auch, dass Mūsa Allāh sehen wollte, aber ohnmächtig wurde (vgl. Qur´ān 7:143.)


Es gibt Tage, an denen es mir schwer fällt, Allāh, die Engel, das Paradies und die Hölle ernst zu nehmen, da ich sie nicht sehen kann. Theoretisch und im Prinzip glaube ich zwar daran, aber ohne irgendein unmittelbares Erlebnis erfahren zu haben, fühlen sich diese Dinge auf eine bestimmte Weise trotzdem unrealistisch und imaginär an. Können Sie mir Rat geben, um mir zu helfen, meinen Imān in dieser Hinsicht zu stärken und zu festigen? Welchen praktischen Ratschlag können Sie mir geben?

Antwort: As-salāmu ʿalaikum wa-raḥmatuʾAllāhi wa-barakātuhu. Ich hoffe, dass dich diese Antwort bei bester Gesundheit und bestem Zustand erreicht.

Die Basis unseres Glaubens an das Unsichtbare (al-ġayb) ist das, was uns Allāh und Sein Gesandter, Allāh segne ihn und schenke ihm Heil, darüber mitteilten. Wenn wir der festen Überzeugung sind und vollkommene Gewissheit in Allāh und das Prophetentum Muḥammads, Allāh segne ihn und schenke ihm Heil, haben, ist es nur logisch, dass wir absolute Gewissheit über all das haben, worüber Allāh und Sein Gesandter uns unterrichtet haben.

Wir sind nicht dazu bestimmt, die Engel, das Paradies oder die Hölle zu sehen. Vielmehr empfing unser Gesandter Muḥammad, Allāh segne ihn und schenke ihm Heil, Offenbarungen  über diese Dinge und sah diese tatsächlich. Er war durch und durch eine ehrliche und vertrauenswürdige Person, sowohl vor als auch nach Beginn seines Prophetentums.  Deswegen glauben wir mit fester Überzeugung an all das, was er uns überbrachte – so wie der Gefährte Abu Bakr, möge Allāh mit ihm zufrieden sein, es tat, der Folgendes entgegnete, als man ihm von der Nachtreise des Gesandten von Mekka nach Jerusalem berichtete: „Wenn er es sagte, so ist es zweifelsohne die Wahrheit.“ 

Andere wichtige Antworten in diesem Zusammenhang

Für allgemeine Ratschläge zur Festigung des Glaubens empfehle ich folgende Antworten in diesem Zusammenhang. Dort finden sich auch wichtige Literaturempfehlungen, die sich für dich als sehr hilfreich erweisen können.

The Truth of Islam, the Qur’an, & the Prophet Muhammad (Peace and Blessings Be Upon Him)

What Role Should the Intellect Play When Seeking God?

Is Islam Based on Early Sumerian Culture, and Was the Universe Created in Six Days?

 

Außerdem möchte ich dir ans Herz legen, das Leben unseres Gesandten Muḥammad, Allāh segne ihn und schenke ihm Heil, zu studieren und Bücher über seinen Charakter, seine Tugenden und die ihm eigenen Wunder (Mu‘ǧiza)  zu lesen. (siehe oben erwähnte Links)

 

Hilfreiche Kurse

Du findest auf http://seekershub.org auch eine Reihe an Kursen, die sich vielleicht als hilfreich erweisen – besonders diejenigen über islamische Spiritualität:

Excellence in Faith & Action (from Ghazali’s 40 Foundations of Religion)

Faith in Divine Unity & Trust in Divine Providence

Principles of Islamic Spirituality

 The Marvels of the Heart

Außerdem empfehle ich dir das Buch „Sea Without Shore“ von šayḫ Nuh Keller.

 

Dankbarkeit: Die Wunder in unserem Leben erkennen

Abschließend möchte ich noch die Vorzüge von Dankbarkeit als besonderes Mittel zum Erleben von „Wundern“ im persönlichen Leben eines jeden hervorheben. Der große Weise Ibn ‘Aṭā´illāh sagte einst: „Wer den Wert der Segnungen, die ihm zuteil werden, nicht erkennt, wird ihren Wert gewiss dann erkennen, wenn er sie verliert.“ Wir erhalten unzählige Segnungen, die in unserem spirituellen „blinden Fleck“ untergehen und unserem geistigen Blick verborgen und verkannt bleiben. Doch sobald wir eine Gunst verlieren, vergrößert sich ihr Wert um ein Hundertfaches. Manch einer wusste sein Augenlicht nicht zu schätzen, doch konnte an nichts anderes mehr denken, als er erblindete. Manch einer hielt sein Sprechvermögen für selbstverständlich, bis er wegen eines Gehirntumors verstummte und plötzlich erkannte, dass das Sprechen der größte Segen ist, den man haben kann.

Blinde und Stumme halten Sehende und Sprechende für Könige, die in ihrem unvorstellbarem  Segen geradezu ertrinken. Und sollten sie jemals diese Segnungen wieder zurückgewinnen, so sind sie fassungslos, verwirrt und voll Ehrfurcht und Staunen über das, wonach sie sich so lange sehnten. Diejenigen unter uns, denen diese Gaben in Häufe  zuteil werden, sollten sie bestaunen, bevor man sie verliert, Gott bewahre! Dies lässt uns erkennen, welche Flut an Wundern wir in jedem einzigen Augenblick unseres Daseins genießen, herabgesandt von Allāh, Dem Erhabenen.

„Seht ihr nicht, dass Allāh euch das, was in den Himmeln und was auf der Erde ist, dienstbar gemacht hat, und euch mit Seinen Gunsterweisen überhäuft hat – äußerlich und innerlich? (Qur´ān 31:20)

Die Gaben in unserem Leben zu erkennen ermöglicht es uns, Den Erweiser dieser Gaben zu erkennen.

Und Allāh weiß es am besten.

Wassalam,

Faraz.

Antwort geprüft und genehmigt von šayḫ Faraz Rabbani