Datum: 
19.04.2021
Kategorie: 

Am 17. Tag von Ramadan gedenken wir dem Gefecht von Badr[1], das sich an jenem Tag im zweiten Jahr der Hijrah[2] ereignete. Es ist eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der Ummah und Allah beschreibt es als den Tag der Abgrenzung. Sayyidi Habib ‘Umar bin Hafiz (möge Allah ihn beschützen und uns von ihm profitieren lassen) legt großen Wert darauf diesem Ereignis Aufmerksamkeit zu schenken und betont dies mit der kompletten Rezitation des Korans beim Tarawih-Gebet des Vorabends des 17. Ramadan, gefolgt von einer großen Feier im Dar al-Mustafa, an der Tausende teilnehmen. Die verbleibende Zeit in dieser Nacht wird dann im Gebet, Gedenken und dem Erheben von Bittgebeten verbracht, denn Gebete werden erhört, wenn der Koran vollständig rezitiert wird.

Habib Umar reflektiert über die Lehren, die wir von den Ereignissen von Badr ziehen können. Es folgen Ausschnitte der Freitagsrede, im Masjid al-Rawdah in Tarim, am 12. Ramadan 1432 / 12. August 2016.

Er beginnt mit der Lobpreisung Allahs und dem Sprechen von Segenswünschen und Friedensgrüßen (Salawat) für den Gesandten Allahs. Dann ruft er die anwesenden Menschen zur Taqwa[3] auf, welche zu den Zielen und Früchten des Fastens gehört und eine der Weisheiten darstellt, warum Allah das Fasten von Ramadan für uns für obligatorisch erklärt hat.

Die Realität der Taqwa, die der Imam ﷺ der Leute der Taqwa und seine noblen Gefährten besaßen und verkörperten, manifestierte sich im zweiten Jahr der Auswanderung (Hijrah). Im Monat Sha’ban desselben Jahres wurde das Fasten und die Zakat für obligatorisch erklärt. Der Prophet und seine Gefährten haben dann bei starker Hitze den Ramadan zu fasten begonnen. An einem ähnlichen Tag verließ der Prophet seine Familie und sein Zuhause, um mit etwa 313 seiner Gefährten nach Badr zu marschieren. Warum begab er sich auf diesen Weg? Um der Religion Allahs zum Sieg zu verhelfen und die Botschaft seines Herren zu verkünden. Trotz der starken Hitze und den Schwierigkeiten während der Reise, fastete er einige Tage, doch an anderen unterbrach er das Fasten.

Unterdessen teilte er sich ein Kamel mit Sayyiduna ‘Ali und Sayyiduna Mirthad bin Abi Mirthad. Sie wechselten sich beim Reiten des Kamels ab, während die anderen zwei zu Fuß liefen. Sie sagten zum Propheten ﷺ:

„Oh Gesandter Allahs, du reitest und wir laufen.“

Er antwortete ﷺ:

„Ihr seid weder stärkere Läufer als ich noch habe ich den Lohn weniger nötig als ihr.“

Er lehrt uns zahlreiche Lektionen in dieser Begebenheit. Zu diesen Lektionen gehört es, dass er uns Aufopferung und das Absagen von Stolz und Genugtuung mit den eigenen Taten lehrt. Der Prophet ﷺ stellte mit dieser Reaktion sein Bedürfnis Allahs Belohnung gegenüber dar, trotz der Tatsache, dass wenn er sie das Kamel hätte reiten lassen und selbst zu Fuß gegangen wäre, so hätte er den Lohn ihrer Taten erhalten, denn er war derjenige, der sie zu Allah führte. Oh Gläubiger, das ist das beste Geschöpf der Geschöpfe, das sagt: „Ich habe den Lohn Allahs nicht weniger nötig als ihr.“ Denkst du, dass du den Lohn Allahs nicht nötig hast, sodass du Gebete vernachlässigst, die du fähig bist zu verrichten, oder Gedenkversammlungen fernbleibst, deren du fähig bist teilzunehmen? Du bedarfst den Lohn jeder Tat im Ramadan und besonders im Rest deines Lebens.  So strenge dich mehr an - versuche über die Worte des Koran zu reflektieren und nimm an den Gedenkversammlungen teil. Es ist eine Tradition der früheren Muslime, nämlich Versammlungen nach dem Tarawih und Witr zu veranstalten, in denen die Charaktereigenschaften und Umgangsformen des Auserwählten ﷺ erwähnt werden.

Keiner der Gefährten, die hinauszogen, erwartete, in den Kampf gegen die Quraischiten zu ziehen, ohne dass Allah wünschte, sie (die Gefährten) ehren und erheben zu wollen. Später fragte der Engel Gabriel den Propheten ﷺ und seine Gefährten, was sie von den Leuten von Badr hielten. Er antwortete:

„Sie sind die besten unter uns.“

Gabriel sagte:

„Gleichermaßen achten wir die Engel der Himmel, die am Gefecht von Badr teilnahmen, als die besten unter uns.“

Diese Stellung erhielten die Engel, weil sie den besten Menschen unter den Leuten Allahs zum Sieg verhalfen.

Natürlicherweise neigen Menschen dazu, das zu wählen, was für ihre Seelen leichter zu ertragen ist, doch jenseits dieser leichteren Wahl, erwartet sie womöglich etwas Großartigeres. Wenn dann Allah der Seele etwas Schweres aufbürdet, erlangt der Gläubige Glückseligkeit, indem er zufrieden mit Allahs Urteil und sich bewusst ist, dass es auf diese Weise besser für ihn ist.

Sayyiduna ’Ali sagte:

„Wenn der Schleier entfernt werden würde, dann würdest du nur das erwählen, was für dich vorherbestimmt wurde.“

„Und als Allah euch versprach, dass die eine der beiden Gruppen euch gehören sollte, und ihr (es) lieber gehabt hättet, dass diejenige ohne Kampfkraft euer sein sollte! Aber Allah will mit Seinen Worten die Wahrheit bestätigen und die Rückkehr der Ungläubigen abschneiden.“[4]

Die Gefährten waren erfolgreich, weil sie die Liebe zu Allah und Seinem Gesandten im Herzen trugen. 12 Tage von Ramadan sind nun verstrichen und du hast immer noch nichts von diesem Konzept verstanden. Ramadan ist nur aus dem Grund gekommen, damit eure Stufen erhöht werden können. Diese Liebe ist die Basis für den Sieg und der Ehrung des Bunds mit Allah. Wir bezeugen dies in den Worten der Gefährten über die Annäherung an Badr. Der Gesandte Allahs wollte ihre Meinung hören, nachdem klargeworden war, womit sie konfrontiert werden würden.

Sayyiduna al-Miqdad bin al-Aswad sagte:

„Bei Allah, wir werden nicht das sagen, was die Kinder Israels zu Moses sagten: ‚Geh doch du und dein Herr hin und kämpft! Wir werden hier sitzen bleiben’![5] Vielmehr sagen wir: Geh doch du und dein Herr hin und kämpft, und wir kämpfen an eurer Seite gemeinsam mit euch!”

Sayyiduna Sa`d bin Mu`adh sagte:

„Wir glauben an dich und bezeugen, dass deine Botschaft der Wahrheit entspricht. Tu das, was Allah dir befohlen hat. Vielleicht hast du dir etwas gewünscht, während Allah etwas Anderes wollte. Erkläre den Krieg wem auch immer es dir beliebt und schließe den Frieden mit wem du willst - wir stehen hinter dir. Nimm von unserem Hab und Gut was auch immer du wünschst und hinterlasse, was du möchtest - und was du nimmst, ist uns mehr lieb als das, was du davon zurücklässt. Bei Allah, wenn du uns zum Ozean bringen und anschließend hineinspringen würdest - wir würden dir folgen! Du hast in Medina Menschen hinterlassen. Unsere Liebe zu dir ist nicht weniger intensiv als ihre Liebe.“

Sie wussten ganz genau, dass die Liebe zu Allah und Seinem Gesandten ﷺ die Basis ihrer Verteidigung der Wahrheit und Rechtleitung ist.

„Hätten sie gewusst, dass sie dort kämpfen werden, dann wäre keine einzige Person zurückgeblieben ... Vielleicht wird dir Allah in uns das zeigen, was eine große Freude in deinen Auge ist, oh Gesandter Allahs.“

Als der Prophet dies hörte, leuchtete sein Gesicht auf, wie ein Teil des Mondes.

Er ﷺ sagte:

„Geh mit froher Botschaft voraus, denn Allah hat mir eine der zwei Gruppen versprochen: Entweder die Karawane oder die Armee. Es ist so, als könnte ich den genauen Ort sehen, an dem die Quraischiten fallen werden.“

Anschließend zeigte er auf exakt jene Orte; ein Tag vor dem Kampf.

Schau dir die Ungleichheit zwischen beiden Seiten an: Die Muslime hatten lediglich 8 Schwerter, 2 Pferde und 70 Kamele, die sich jeweils 3 Personen teilten. Die Quraischiten dagegen waren mit 100 Schwertern und Speeren, 200 Pferden und mit etlichen Kamelen ausgestattet, welche die Arme trugen.  Sie schlachteten 9 oder 10 Kamele täglich, um etwas essen zu können. Die Quraischiten prahlten darüber, wie sie die Muslime besiegen werden würden. Dies ist charakteristisch für die Leute, die gegen Allah und Ihm gegenüber achtlos sind. Die Muslime dagegen blieben demütig und fürchteten Allah; und Allah erhöhte sie gebührend ihrer Ergebenheit.

Allah beschreibt die Leute, die er liebt, als:

„Bescheiden gegenüber den Gläubigen, mächtig (auftretend) gegenüber den Ungläubigen, und die sich auf Allahs Weg abmühen und nicht den Tadel des Tadlers fürchten. Das ist Allahs Huld, die Er gewährt, wem Er will. Allah ist Allumfassend und Allwissend.“[6]

Die zweite Rede beginnt Habib ’Umar ebenso mit der Lobpreisung Allahs und dem Sprechen von Segenswünschen und Friedensgrüßen für den Gesandten Allahs. Außerdem ruft er die anwesenden Menschen nochmals zur Taqwa auf. Er sagte, wenn du dich mit der Taqwa einkleidest, dann wirst du die Geheimnisse des Fastens erlangen, die Erleuchtung des Nachtgebets und die Wirklichkeit des Abkommens mit Allah.

Mit wahrhaftiger Liebe zu Allah und Seinem Gesandten ﷺ wirst du in der Lage dazu sein, die Gebote Allahs zu erfüllen und den Sieg über dein niederes Egoselbst[7], über deine Begierden und Launen, über dieses täuschende weltliche Leben und über die Teufel, Menschen und Djinns, die ungläubig sind, davontragen.

Unter den Gefährten waren Jugendliche, von denen einige gerade mal 15 oder 17 Jahre alt waren. Einer von ihnen war Sayyiduna Harithah, der zu jenen 14 Gefährten gehörte, die den Märtyrertod im Gefecht von Badr erlagen. Seine Mutter kam zum Gesandten Allahs ﷺ nach seiner Rückkehr nach Medina.

Sie fragte ihn:

„Wo ist mein Sohn? Wenn er im Paradiesgarten ist, dann will ich zufrieden sein, doch wenn nicht, dann wirst du sehen, wie mein Betragen sein wird!“

Der Gesandte Allahs sagte zu ihr:

„Umm (Mutter von) Harithah, sei nicht unklug. Es ist nicht nur ein Garten, sondern mehrere Gärten, und dein Sohn ist in den höchsten Garten eingetreten - ins Firdaws!“

Oh Menschen, die ihr für die Zukunft plant, gibt es eine bessere Zukunft, die großartiger ist, als diese hier? Lasst uns ein standhaftes Fundament der Liebe errichten, sodass wir den Pfad dieser Gefährten folgen (möge Allah mit ihnen allen überaus zufrieden sein).

Oh Allah, wir lieben sie Deinetwegen, so zeige uns ihre Gesichter am Tage der Abrechnung und im Paradies.

Lasse nichts in unseren Häusern sein, was deinen Propheten Muhammad ﷺ unzufrieden macht; egal, ob es auf unseren Bildschirmen oder in unserem Verhalten ist. Helfe uns diesem Monat seinen Anteil zu geben und ermögliche uns den Auserwählten zu folgen, den Bund zwischen uns und Dir ehrend.

Sprich Segenswünsche und Friedensgrüße auf den Propheten ﷺ vermehrt und reichlich aus, weil dies dich ihm am Tage des Jüngsten Gerichts näherbringen wird. Wie er sagte:

„Die mir am nächsten Menschen am Tage des Jüngsten Gerichts sind jene, die auf mich am meisten Segenswünsche und Friedensgrüße aussprechen.“

 

 

[1] Badr ist eine Region, die sich nahezu auf halbem Wege zwischen den Städten Mekka und Medina befindet. Es ist der Ort der ersten großen Feldschlacht in der islamischen Geschichte.

[2] Hijrah (Auswanderung): Die Auswanderung des Propheten Muhammad ﷺ von Mekka nach Medina im Jahre 624; das Jahr, ab dem der muslimische Kalender beginnt.  

[3] Sidi 'Abd al-Wahid B. 'Ashir defniert die Taqwa folgendermaßen, nämlich die Verbote Allahs zu unterlassen und Seine (Allahs) Vorschriften, innerlich sowie äußerlich, zu erfüllen.

[4] Al-Anfal, 8:7

Mit den „zwei Gruppen“ ist die von Abu Sufyan angeführte Karawane gemeint, welche die Muslime ursprünglich abgesetzt hatten, und die Armee, welche die Quraischiten von Mekka aus hinaussandten. Natürlich wollten die Muslime keineswegs auf eine vollends ausgestattete Armee treffen.

[5] Al-Ma’idah, 5:24

[6] Al-Ma’idah, 5:54

[7] Arab. „Nafs“ (Ego): Es ist ein Teil unseres Bewusstseins, das animalische Züge aufweist und dazu neigt, den Begierden und Launen zu folgen. In erster Linie ist es damit beschäftigt selbstsüchtigen Leidenschaften hinterherzujagen, wie das Essen und Trinken, Geschlechtsverkehr etc. Das Egoselbst ist besonders empfänglich für Eigenschaften wie Wut, Neid und Arroganz. Durch die Kanäle der körperlichen Sinne, versucht das Egoselbst sich ständig selbst zu befriedigen. (Definition von Asad Tarsin)